Hilfreiche Informationen und Materialien rund um das Thema Anleitungsgespräche.
Die Anleitungsgespräche sind der zentrale gemeinsame Moment für Anleitung und Freiwillige. Regelmäßige Gespräche tragen zu einem Gelingen des Lern- und Orientierungsdienstes für beide Seiten bei. Es muss mindestens ein Anleitungsgespräch pro Monat geführt werden, in der Anfangszeit empfehlen sich häufigere Gespräche.
Warum Anleitungsgespräche?
Die Anleitungsgespräche sind verpflichtender Bestandteil der Freiwilligendienste und müssen von der Anleitung in der Einsatzstelle geführt werden. Sie sind so wichtig, weil sie der Ort sind, an dem neue Eindrücke verarbeitet, Probleme behandelt und Fragen beantwortet werden können. Zu einem Bildungsjahr, das persönliche Orientierung ermöglichen soll, gehört zwingend ein Raum, der Selbstreflexion ermöglicht. Neben der Reflexion in den Bildungsseminaren, muss diese vor allem vor Ort in den Einrichtungen stattfinden. Bildlich gesprochen ist das Anleitungsgespräch ein wiederkehrender Anker, der den Freiwilligen als Sicherheit dienen soll und die Möglichkeit eröffnet ihre Eindrücke zu verarbeiten.
Genauso ist es aber auch ein Anker für die Anleitungen, um sich der aktuellen Situation der Freiwilligen zu vergewissern, Über- und Unterforderungen zu erkennen und um Lernfortschritte anhand der vereinbarten Lernziele zu überprüfen.
Die Persönlichkeitsentwicklung von jungen Menschen wird durch einen Freiwilligendienst besonders gefordert und kann mit der Unterstützung von Anleitungen gut gefördert werden.
Gesprächsvorbereitung
Es kann eine ungewohnte Situation sein ein Reflexionsgespräch zu zweit zu führen und dabei die Gesprächsführung aktiv zu übernehmen. Es ist aber gar nicht so schwer, wenn man
- einen geeigneten Rahmen findet,
- einen guten Gesprächseinstieg schafft und
- sich nach und nach herantastet, wie man zusammenarbeiten und ein gutes Gespräch führen kann.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um mit Freiwilligen im Gespräch zu sein. Neben den alltäglichen Begegnungen bei der Arbeit und dem gemeinsamen Tun, führt aber kein Weg am regelmäßigen und geplanten Gespräch an einem geschützten Ort vorbei.
Der äußere Rahmen
Es macht einen Unterschied wo und zu welcher Zeit ein Anleitungsgespräch geführt wird. Die beste Voraussetzung ist ein geschützter Rahmen, etwa ein Besprechungszimmer, ein Büro oder der Mitarbeiter_innenraum. Während des Gesprächs sollten keine Störungen durch Kolleg_innen, Telefonklingeln oder sonstiges zugelassen werden. Zwei Stühle, auf denen sich beide Gesprächspartner_innen auf Augenhöhe begegnen, sorgen ebenfalls für ein positives Gefühl. Idealerweise wird das Gespräch im Dienstplan verzeichnet, sodass der Termin für alle sichtbar und verbindlich ist und Vertretungen ggf. eingeplant werden.
Der innere Gesprächsrahmen
Ähnlich wie eine Sitzung im Kolleg_innenkreis, eine Konferenz oder eine Fachtagung, sollte auch ein Zweiergespräch eine inhaltliche Ordnung erhalten, auf die sich beide Gesprächsteilnehmer_innen verlassen können. So eine Ordnung kann sich mit der Zeit entwickeln, wobei eine visualisierte Form für beide Gesprächsteilnehmer_innen hilfreich ist. Bei Konferenzen wird dies meist durch eine Tagesordnung umgesetzt, die sichtbar für alle notiert wird. So kann man es auch im Anleitungsgespräch machen, alternativ kann auch ein Leitfaden zur Orientierung dienen.
Bevor es um die konkrete Vorbereitung geht, sei noch auf den idealen Gesprächsverlauf verwiesen, der als Glocke visualisiert werden kann.
Wie die „Gesprächsglocke“ zeigt, ist die Spannung des Gesprächs in der Mitte am höchsten. Dort findet der eigentliche inhaltliche Austausch statt, während der erste Teil zu dessen Vorbereitung dient und der letzte Teil dem gemeinsamen Verbleib, der Suche nach Lösungen und dem Festhalten von Aufgaben vorbehalten ist.
Es ist hilfreich dieses Schema der Gesprächsglocke bei der Vorbereitung und Durchführung der Anleitungsgespräche im Hinterkopf zu behalten. Mit der Orientierung an der im Schema gezeigten Spannungskurve wird deutlich, dass für die Anleitungsgespräche folgendes not-wendig ist:
- Vorbereitung des äußeren Rahmens
- Strukturierung des Gesprächs
- Struktur für Anleitung und Freiwillige sichtbar machen
- Einen guten Abschluss/Ausklang finden
Hilfestellungen: Tagesordnung
Bei der Vorbereitung eines Anleitungsgesprächs können mehrere Hilfestellungen verwendet werden. Wie schon erwähnt, kann eine Tagesordnung geschrieben werden, die für jedes Gespräch verwendet wird:
- Einstieg
- Themensammlung
- Austausch
- Ziele und Vorhaben vereinbaren
- Gesprächsfeedback
Der Einstieg kann methodisch gestaltet werden oder sich auf die Frage nach dem aktuellen Befinden oder nach Dingen beschränken, die einen gerade beschäftigen. Wichtig hierbei ist, dass sowohl Anleitung, als auch Freiwillige die Methode bearbeiten oder die Einstiegsfrage(n) beantworten, um direkt beim Einstieg das Gespräch auf Augenhöhe zu starten. Bei der Themensammlung schreiben beide Themen auf, die sie beschäftigen oder die gerade wichtig sind. Anschließend kann noch gemeinsam überlegt und eine Reihenfolge festgelegt werden. Bei zu vielen Themen können diese auch in den Themenspeicher für das nächste Gespräch gelegt werden. Im Aus- tausch werden die Themen und Fragen abgearbeitet. Dabei sollten fachliche Rückmeldungen einfließen und Lösungen und/oder Aufgaben notiert werden. Bei den Themen kann auch auf die vereinbarten Lernziele ge- schaut werden, wenn es passt. Bei der Vereinbarung von Zielen und Vorhaben können, mit Blick auf die bereits notierten Lösungen und Antworten, Aufgaben bis zum nächsten Anleitungsgespräch festgehalten oder es kann eine größere Lernzielanpassung vorgenommen werden. Beim Gesprächsfeedback können Anleitung und Freiwillige methodisch geleitet oder frei ein Feedback zum Gespräch abgeben. Dies dient vor allem der Optimierung der weiteren Gespräche und der Vergewisserung, dass beide mit dem aktuellen Format zufrieden sind.
Hilfestellung: Leitfaden
Statt einer Tagesordnung, kann auch ein Gesprächsleitfaden zur Strukturierung des Anleitungsgesprächs verwendet werden. Dieser ist dann im Vergleich zur Tagesordnung durch vorbestimmte Fragen bestimmt und etwas enger gestaltet. Die Fragen müssen dann von Gespräch zu Gespräch leicht angepasst werden und auch den Freiwilligen zur Vorbereitung bereits vor dem Gespräch vorliegen. So wird ein flüssigeres und effizienteres Gespräch ermöglicht. Einen möglichen Leitfaden stellen wir hier zur Verfügung.
Vorbereitung der Gesprächsführung
Während des Gespräches ist es wichtig wie Sätze formuliert werden, um die_den Freiwillige_n nicht zu demotivieren und zu enttäuschen. Es sollte versucht werden, die Motivation und Begeisterung hochzuhalten, sodass möglichst viele Ideen und Kreativität für Umsetzungen in der Einsatzstelle aufkommen. Gleichzeitig bieten Anleitungsgespräche Raum für Kritik und Reflektion. Die sogenannten Mini-Max-Techniken – Minimale Intervention mit maximaler Wirkung können Ihnen bei der Gesprächsführung helfen, mit wenigen Worten viel aus dem Gespräch herauszuholen und unterschiedliche Punkte anzusprechen.
Gesprächseinstieg
Ein guter Gesprächseinstieg kann das gesamte Gespräch positiv beeinflussen. Folgende Methoden eigenen sich, um ein Gespräch zu beginnen. Sie bieten den Anlass nachzufragen, wieso die Einschätzungen so gewählt wurden. Damit sind sie Türöffner für ein gutes Gespräch.
Skalieren
Beim Skalieren wird nach verschiedenen Kriterien eine Bewertung gesucht. Als Kriterien können Aussagen verwendet werden, denen die Freiwilligen (eher) zustimmen können oder denen sie widersprechen können. Z. B.:
- Ich bin im Großen und Ganzen mit der aktuellen Situation zufrieden.
- Ich fühle mich stark beansprucht.
- Nach der Arbeit kann ich abschalten und mich entspannen.
- Ich brauche mehr Unterstützung im Alltag.
- Das Klima in der Gruppe/auf der Station/im Wohnbereich finde ich angenehm.
- Ich fühle mich gut ins Team integriert.
- Ich bin mir in einigen Dingen noch unsicher.
- Ich verstehe einige Abläufe/Situationen noch nicht.
- Mit der Anleitung bin ich zufrieden.
Diese Sätze können beliebig angepasst und erweitert werden.
Auch, wenn die Antwortmöglichkeiten beim Skalieren eingeschränkt werden, erleichtert das Positionieren einen möglichen Gesprächs- einstieg. Nach der Skalierung kann jeweils ge- fragt werden, wieso der_die Freiwillige sich eher hier oder dort verortet. Ebenso kann eine eigene Einschätzung eingebracht werden, wenn die Wahrnehmung von Freiwillige_r und Anleiter_in auseinandergehen.
Als Skalen bieten sich verschiedene Folgen oder Symbole an. Sie können nach der Art der Fragen ausgewählt werden. Mögliche Skalen sind:
- Zahlen: etwa 1 (trifft gar nicht zu/ sehr schlecht/ sehr unwohl) bis 8 (trifft voll zu/ sehr gut/ sehr wohl)
- Smileys und Emojis
- Verkehrszeichen: Ampel oder eine Auswahl von Schildern
- Wetter: Von der Gewitterwolke bis zur klaren Sonne
Tagesablauf mit Uhr
Insbesondere zu Beginn des Freiwilligendienstes kann es hilfreich sein den (noch neuen) Tagesablauf und die Struktur des Einrichtungsalltages genauer zu thematisieren. Hierzu kann der Tagesablauf visuell an einer Uhr dargestellt werden. So kann das Gefühl für den Tagesablauf sachlich verdeutlicht werden. Außerdem können „Zeitfresser“ sichtbar gemacht wer- den und daraufhin Tipps gegeben werden. Mit dieser Methode lässt sich herausfinden, ob die übertragenen Aufgaben verstanden wurden oder ob noch Unklarheiten bestehen. Es kann nachvollzogen werden, ob die Tagesabläufe verinnerlicht wurden.
Nach einem halben Jahr kann die Uhr erneut betrachtet werden und gefragt werden, ob sich etwas verändert hat.
Highlights und Stolpersteine
Auf den Tisch werden eine Kerze/ein Licht und ein Stein gelegt. Der_Die Freiwillige wird gebeten zu überlegen, was in der letzten Woche oder dem letzten Monat die persönlichen Highlights waren und wo Stolpersteine im Weg lagen. Zu beiden Dingen sollten 1-5 Punkte genannt werden können, auch wenn sie nur vorübergehend oder minimal waren.
Zum einen ist es gut zu hören, was von den Freiwilligen als besonders gute oder schlechte Situationen wahrgenommen wurde. Darüber hinaus kann sich aus den einzelnen Situationen ein Gespräch über Schwierigkeiten oder ein Anknüpfungspunkt zu positiven und negativen Rückmeldungen ergeben. Stolpersteine sollten aufbewahrt werden, sodass man sie beim nächsten Gespräch nochmal aufgreifen kann.
Tätigkeiten-Ranking
Der_Die Freiwillige wird gebeten ein Ranking der übertragenen Aufgaben aufzustellen. Die Anzahl der Aufgaben ist frei wählbar, sie kann auch durch die Freiwilligen selbst festgelegt werden. Am Ende stehen die „Top-Aufgaben von XYZ“.
Auf dieser Grundlage lässt sich fragen, welche Aufgaben aus welchen Gründen dem_der Freiwilligen liegen oder was daran Freude bereitet. Ebenso lässt sich im Negativ fragen, welche Tätigkeiten eben unerfreulich und unbeliebt sind. Anschließend sollte geklärt werden: Was ist veränderbar? Wo liegen die Stärken des_der Freiwilligen und wie können diese gefördert werden?
Materialien
Leitfaden für Anleitungsgespräche
Der Leitfaden kann als Inspiration, Gedankenstütze oder auch zur Dokumentation verwendet werden. Es müssen nicht jedes Mal alle Fragen durchgegangen werden, hier kann man Variation reinbringen. In jedem Fall empfehlen wir die Dokumentation der Anleitungsgespräche, z.B. in Form eines Ergebnisprotokolls. (Stand: 21.5.2019)
Zeitplan für Anleitungsgespräche
Der Zeitplan setzt regelmäßige Anleitungsgespräche voraus, deren Intervalle mit zunehmender Zeit größer werden. Er ist nicht unbedingt in dieser Form einzuhalten, er kann aber zur Orientierung und Dokumentation genutzt werden. Wichtig ist: Zu Beginn muss eine intensivere Begleitung stattfinden und die Abstände zwischen den Anleitungsgesprächen sind kurz zu halten (alle 1-2 Wochen), nach der Einarbeitung ist die Begleitung weiterhin regelmäßig, die Anleitungsgespräche finden mindestens monatlich statt. (Stand: 13.12.2018)